Das war 2022

Februar – Skifahren in den Pyrenäen

Wenn man in der Nähe von Gruissan Plage am Strand spazieren geht, kann man am Horizont den majestätischen Canigou erkennen, mit 2.785 m der östlichste, markante Gipfel der Pyrenäen. 

Wieder zu Hause, verrät einem der Blick auf die Karte, dass nur wenige Kilometer weiter westlich mit Font Romeu, Pyrénées 2000 und Les Angles die ersten Skigebiete liegen und wer weitere 60 km Richtung Westen drauf packt, kann im größten zusammenhängenden Skiresort der Pyrenäen – Grandvalira in Andorra – 210 Pistenkilometer unter die Bretter nehmen. Außerdem warten, von uns aus in noch angemessener Zeit erreichbar, mit Ax-les-Thermes und Porté Puymorens zwei weitere interessante Gebiete. Während Ax-les-Thermes mit vielen blauen Abfahrten ideal für weniger fortgeschrittene Skifahrer ist, bietet Porté Puymorens nicht nur Steilhänge für Könner, sondern eröffnet auch jedes Jahr als – extrem schneesicheres – allererstes Skigebiet Frankreichs die Saison (und hat damit Val Thorens ausgestochen). Vom 20. November bis zum 27. März kann man sich hier bis auf 2.471 m bringen lassen.

Die meisten Gebiete zeichnet vor allem eins aus: Kein Stress! Ob ganz privat mit eigener oder gemieteter Hütte (Bild oben, bei Font Romeu), als Urlauber für mehrere Tage oder als Tagesausflug: Zwischen 12 und 14 Uhr sind die Pisten menschenleer, denn da wird gefuttert, was das Zeug hält. In vielen Restaurants gibt es Tische ohne Bedienung, wo man sich sein eigenes Sandwich mitbringen und in Ruhe verspeisen kann. Den dazu benötigten Rotwein kann man sich – Self Service! – aus einem großen Fass zapfen. An den anderen Tischen bedienen flinke, immer gut gelaunte, junge Damen und servieren mit einem herzlichen “Bon appétit!” was die Karte hergibt – von im Freien gegrilltem Entrecôte mit Pommes bis zum Blaubeerkuchen mit Espresso. 

Das Skifahren selbst macht einen unglaublichen Spaß, denn augenscheinlich sind alle Drängler, Rennsemmeln, Blöd-daher-Redner und Anderen-auf-die-Ski-Trampler in den Alpen unterwegs. Dazu kommen hervorragend gepflegte, in keinster Weise “volle” Pisten, gemütliche Sessellifte für maximal 4 Personen und ein allgemeines “Leben und leben lassen”. Von ausreichend vorhandenen, kostenlosen Parkplätzen an den Talstationen ganz zu schweigen.

Für die meisten deutschsprachigen Skiläufer ist dieses herrliche Gebiet (Gottseidank!) zu weit entfernt, höchstens ein paar Westschweizer könnte man treffen – aber da diese ja ihre eigenen, großartigen Pisten haben oder in die französischen Seealpen fahren, sind sie genau so wenig anzutreffen, wie Briten, Skandinavier, Italiener oder Japaner. Spanisch hört man allerdings häufig. Andorra nimmt als bedeutendstes Skiresort der Pyrenäen eine gewisse Sonderstellung ein, hier verbringen in teilweise sauteueren Luxushotels viele Europäer ihren Skiurlaub.

Für uns ist es genial, denn wir erreichen Les Angles in zweieinviertel Stunden auf der Route Narbonne- Perpignan – Prades, zunächst am Meer entlang, dann an blühenden Mandelbäumen vorbei und letztlich stark bergauf (immerhin geht’s von 0 auf 1.500 Meter). Keine 100 Meter vom Lift entfernt wird das Auto geparkt und kurz darauf sitzen wir im Lift, der uns “auffi bringt aufn Berg”.

April – 3 Tage in Aix-en-Provence

Nach längerer Pause haben wir mit unseren Freunden aus Neuried, Annelore und Dirk mal wieder eine Städte-Tour unternommen. Nach Paris, Kopenhagen, Rom und Brügge war diesmal Aix-en-Provence an der Reihe.

Für uns ein Katzensprung, sind es auf der Autobahn doch nur 250 km. Über Montpellier und Nîmes führt die Autobahn gemütlich ins Département Bouches-du Rhône und in die gut 150.000 Einwohner zählende Universitätsstadt.

 

Unsere Unterkunft (Hôtel Cézanne, übrigens sehr zu empfehlen, große, gut klimatisierte Zimmer, eigener Parkplatz) lag ein paar Minuten vom berühmten Cours Mirabeau entfernt, wir konnten also Aix von Süd nach Nord erkunden. Die Flaniermeile Cours Mirabeau wird auf der Südseite von prächtigen Bauten, gegenüber von Cafés, Restaurants und Geschäften gesäumt. Neben vielen anderen findet man hier auch das Café Deux Garçons, in dem berühmte Menschen wie Émile Zola, Jean Cocteau oder Paul Cézanne verkehrten (im April/Mai 2022 wegen Bauarbeiten leider geschlossen). Und mit Monsieur Cézanne wären wir dann beim berühmtesten Sohn von Aix, dort geboren und gestorben (1839 – 1906). Ein Besuch der Stadt sollte auf jeden Fall einen Fußmarsch zum nördlich der Altstadt gelegenen Atelier Cézanne beinhalten.

Der Meister hat sich selbst verewigt

Weitere Sehenswürdigkeiten warten an allen Ecken auf die Besucher, die eindrucksvollsten sind ohne Frage das Musée Granet, in dem unter anderem Werke von Rubens, Cézanne, Matisse zu sehen sind, die Kathedrale Saint-Sauveur, das Kunstmuseum Caumont mit kastaniengrünem Innenhof für eine kleine Stärkung und der – meiner Meinung nach – schönste Platz von Aix, der Place d’Albertas.

Auch kulinarisch bietet Aix eine Menge, ganz besonders empfehlenswert ist ein Besuch des Sterne-Restaurants von Mikaël Féval (Reservierung unbedingt erforderlich) sowie ein Einkauf im Geschäft Le Roy René, um die unvergleichlich zarten und wohlschmeckenden Calissons zu erwerben, ein Konfekt aus Mandeln, kandierter Melone und Zuckersirup.

Aber ein Besuch in Aix sollte vor allem ein nicht enden wollendes Schlendern durch enge Gassen, über Märkte, vorbei an Musikanten sein, unterbrochen von Besuchen in Cafés und Bars, angereichert durch entspannende Momente auf schattigen Plätzen, wo man, unterstützt durch ein Gläschen Rosé, die Seele wunderbar baumeln lassen kann: Aix, wie die Aixois kurz sagen, vermittelt sofort und unvergesslich südfranzösisches Lebensgefühl!

August – Kochen auf La Broutte

Liebe Freunde von labroutte.fr,
 
nach zwei Jahren intensiver Beschäftigung mit Kochtopf und Fotoapparat ist letzte Woche mein Buch erschienen. Nach 6 Büchern als Co-Autor über Weine aus Italien und Spanien das erste Kochbuch!
 
Auf 180 Seiten gibt es 70 Rezepte mit dem Schwerpunkt auf französischer, oft okzitanischer Küche, denn die regionalen Gerichte sind wie die Menschen, die hier leben: unverfälscht, genießerisch, authentisch.
 
Es kann in jeder Buchhandlung oder online erworben werden. Wenn es euch gefällt, geht bitte in euere Buchhandlung, obwohl es nur hier einen “Blick ins Buch” gibt:
 
 
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Über ehrliche Bewertungen, Rezensionen, Sternevergaben etc. freue ich mich.
 
Herzliche Grüße aus dem Süden, Gerhard
 
Titel: Kochen auf La Broutte. Rezepte aus dem Süden
ISBN: 9783755772811
Preis: 49 Euro
Verlag: BoD

Juli & August – die Monate der Konzerte

Juli und August sind in Frankreich Monate, in denen allerorts Konzerte stattfinden. Ob im kleinen Rahmen (klassische Musik im Kloster Fontfroide), in uralten Amphitheatern (Konzerte in Vaison La Romaine) oder auf der ganz großen Bühne (Groupama Stadion in Lyon) usw.

Wir hatten uns vorgenommen, jedes Jahr mindestens ein Konzert zu besuchen, vorzugsweise im nahegelegenen Theater von Carcassonne. Den Anfang machte letztes Jahr Patrick Bruël, dessen großartigen Auftritt wir zusammen mit Peter und Caro, Freunden aus Krailling genießen durften.

Heuer starteten wir am 5. Juli mit Francis Cabrel, einem aus Agen stammenden, südfranzösischen Chansonnier. Seine Melodien wurden von berühmten Musikern wie Bob Dylan, Jimi Hendrix aber auch Neil Young beeinflusst, seine Texte üben oft soziale Kritik, wie das teils auf spanisch gesungene La Corrida, ein Pamphlet gegen den Stierkampf. Punkt 21 Uhr verschwand im Theater von Vaison La Romaine die Sonne (endlich) hinter einer Hügelkette – Bühne frei für Francis Cabrel!

Wir hatten auf gut Glück eine Unterkunft im winzigen mittelalterlichen Kern des Ortes gebucht, die sich als absoluter Glücksgriff herausstellte. Große Zimmer, bequeme Betten, Frühstück im Garten mit Blick über die Landschaft, eigener Pool. Solltest du eines Tages nach Vaison La Romaine kommen und übernachten wollen: Hostellerie Le Beffroi! Ein Ausflug zum hochgelobten, aber leider ungepflegten Garten der Abbaye Saint André in Villeneuve-lès-Avignon lohnt sich dagegen nicht unbedingt.

Am 15. Juli standen dann Dutronc & Dutronc in Carcassonne auf dem Programm. Wir lieben Carcassonne und seine kleine Bühne. Mit Glück hatten wir bereits im Januar Karten für einige wenige, nummerierte Plätze erwischt und mussten nicht stundenlang in brütender Hitze anstehen. 

Dutronc & Dutronc, das sind Jacques und Thomas, Vater und Sohn. Jacques, 3 Monate älter als Mick Jagger, rockt immer noch die Bühne. Mit Sohn Thomas, 49, ist er 2022 auf großer Tournee. Sie begann Mitte Juni und wird am 21.12.2022 in Paris enden. Während Thomas solo eher jazzt und swingt, standen in Carcassonne überwiegend rockige Lieder auf dem Programm, genial vorgetragen von Vater Jacques, der mit grauem Pilzkopf, Cowboystiefeln, Sonnenbrille und schwarzer Lederjacke das Publikum begeisterte. Als er nach drei Zugaben keine Lust mehr hatte, kam er in Hausschuhen zur letzte Zugabe auf die Bühne. Klasse!

Sehr beeindruckend finden wir, dass in Carcassonne nach einem Konzert die jungen Damen (die zu Beginn den Leuten die Plätze zeigen und den Ansturm bremsen) Spalier stehen und die Besucher mit Au Revoir, Merci, Bonne Nuit etc. verabschieden. Nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man sich gerne ein kostenloses Glas Wein oder ein Eis abholen könne. Chapeau!

Und dann …
19. Juli – Groupama Stadion Lyon – The Rolling Stones

Seitdem ich 1973 die Stones das erste Mal in der Münchner Olympiahalle erlebt habe, bin ich der Überzeugung, dass es weder eine bessere Band noch einen cooleren Typen gibt als Mick Jagger. Keine Guns ‘n Roses im Olympiastadion, nicht Jethro Tull, weder BAP noch Pink Floyd, nicht einmal Deep Purple konnten mich vom Gegenteil überzeugen – wobei Mister Blackmore mit seinen Kumpels immerhin Platz zwei einnimmt.

So packten wir also am Tag vor dem Ereignis ein paar Sachen in die Reisetaschen und fuhren gemütlich über Clermont-Ferrand nach Lyon. Der gewaltige Umweg wurde durch kühle Luft auf teilweise über 1.000 Metern Höhe und leere Autobahnen belohnt. Ein Taxi brachte uns zwei Stunden bevor das Spektakel beginnen sollte in die Nähe des Stadions, wo sich die Fans – viele gute 60 Jahre alt und mit Stones-T-Shirts bekleidet – in dicken Trauben Richtung Stadion schoben. Im Freien war nach kurzer Zeit das Bier alle, aber an den Ständen im Inneren flossen Heineken etc. in Strömen.

Der Rest in nicht leicht in Worte zu fassen: Glück, Gänsehaut, ungläubiges Staunen, mitsingen, mitklatschen, pfeifen, Jubel, Bier, Chips, Wahnsinn. Dass mit Angie, Out of time und Paint it black gleich drei meiner liebsten Lieder gespielt wurden, war großartig. Und beim Intro mit Bildern von Charlie kullerte manche Träne.

 

 

September/Oktober – Späte Badefreuden. Der neue Brunnen

22. Oktober – Luft: 22° – Wasser: 22°. Was für ein genialer Badesommer! Während man in Dänemark schon Schlittschuh läuft, ist das ›Abbaden‹ hier noch in weiter Ferne … die heutige Wettervorhersage prophezeit für den 1. November wolkenlosen Himmel mit bis zu 25 Grad. Die Sonne steht zwar schon recht flach und ab Sonntag wird es wieder sehr früh dunkel werden, aber in den Stunden zwischen 12 Uhr und 16 Uhr locken Pool und Garten. 

Wenn es plötzlich nur noch gurgelt und kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt, ist das bei Wasserversorgung via Brunnen kein gutes Zeichen. Letztes Jahr im Herbst war es so weit. Die fünf Grundstücke der Domaine werden aus einem gemeinsamen Brunnen versorgt – wenn alle auf dem Trockenen sitzen, ist schlagartig die Aufregung groß. In einer Gemeinschaftsaktion wurde das Rohr freigelegt und die Leitung, immerhin knappe sechs Meter, aus der Tiefe gezogen. Dass sie sich fast nicht lösen ließ, war schon ein erster Hinweis und bei längerem ›Herumstochern‹ mit einem meterlangen Eisenrohr, an das Nachbar Alexandre flugs ein paar scharfkantige Bleche geschweißt hatte, konnten daumendicke Wurzeln nach oben befördert werden. Insgesamt war nach einigen Jahren alles so verstopft, dass öfter als gewünscht Luft angesaugt wurde und die Pumpe dadurch ausfiel.

Die Gemeinde reagierte vorbildlich, stellt einen 1000-Liter-Tank auf und brachte jedem Haushalt mehrere Sechserpacks Wasser. So konnten wir drei Tage mit ›Wasser aus dem Eimer‹ ganz gut überstehen. Herbeigerufene Profi-Brunnenbohrer warnten allerdings vor dem stetig sinkenden Grundwasserspiegel und empfohlen, deutlich tiefer als sechs Meter zu bohren. Da sich die Gemeinschaft unschlüssig war, ob und wann … beschlossen wir, einen eigenen Brunnen bohren zu lassen.

Ein Wünschelrutengänger fand in neun Metern Tiefe ausreichend Wasser für viele Jahrzehnte, eine Firma aus der Umgebung kam ein halbes Jahr später (jeder will hier einen Brunnen haben, die Wartezeiten betragen bis zu 1 Jahr) und versenkte Stahlrohre, die aneinander geschweißt wurden, im Boden. Eine Pumpe ganz unten, ein massiver Schlauch, eine Edelstahl-Abdeckung, ein Graben zum Haus für Wasser- und Elektroleitung, der Durchbruch zum Keller – das war’s im Großen und Ganzen. Natürlich mussten noch einige Meter Rohr, diverse Absperrhähne, ein 200-Liter-Tank usw. installiert werden, aber das kühle Wasser schmeckte schon mal köstlich.

Der Optik des Hofes tat die Installation allerdings nicht gut und so bestand Design-Chefin Christine zu Recht auf Verbesserungen. Da stimmt man zu und widerspricht nicht! Man fährt ein gutes halbes Stündchen zu einem netten Herren, den sie auf facebook-Marketplace entdeckt hat, welcher ältere und neuere Weinfässer verkauft, lässt sich von einem passenden Fass ein Stück absägen und wuchtet es ins Auto. Die üblichen Erdarbeiten folgen zu Hause, um ebenfalls neu erstandene Pflanzen einzugraben, hier und da wird nochmals was geändert, aber schlussendlich war die Verschönerungs-Aktion von Erfolg gekrönt. Oder?

 

Oktober – Unser Frankreich

 

Mit großer Freude haben wir registriert, dass Hilke Maunder, die den großartigen Blog ‘MeinFrankreich.com’ veröffentlicht – https://meinfrankreich.com/ – uns in ihrer letzten Ausgabe vorgestellt hat.

Wer handfeste Infos zu Frankreich sucht, wer etwas tiefer eintauchen möchte in die französische Lebensart, wer – Gott sei Dank ist es wohl vorbei – aktuelle Hinweise zu France/COVID-19 benötigt, wer einfach gerne über das Land seiner Träume liest, dem sei dieser Blog wärmstens empfohlen!

Und wer was über uns lesen möchte, bitte. Ein Klick genügt (auch wenn man aus mir einen Gerald gemacht hat : )

 

November – Olivenernte!

Seit mindestens 8.000 Jahren wird aus den Früchten des Ölbaums, aus Fruchtfleisch und Kern ein köstliches Öl erzeugt, das Olivenöl. 

Um gleich mal mit ein paar Vorurteilen aufzuräumen:

Gelbliches Öl taugt nichts.
Falsch. Die Farbe des Öls sagt nichts über die Qualität aus. Goldgelbes Öl enthält einfach mehr Carotin, grünes mehr Chlorophyll.
Olivenöl ist gleich Olivenöl.
Nein! Ausschließlich “natives” Olivenöl ist hochwertig.
Auch das eindrucksvollste Etikett eines “Abracadabra-Olivenöls” hat nichts zu bedeuten. Fehlen die Zusätze “nativ” und/oder “extra”, handelt es sich um eine Mischung aus raffiniertem Öl (das pur gar nicht an Verbraucher abgegeben werden darf) und nativem Öl, wobei das Mischungsverhältnis frei gewählt werden kann und “Olivenöle” somit zwischen 1% und 99% minderwertiges Raffinat enthalten können.
Olivenöl raucht sofort in der Pfanne.
Dass Olivenöl nicht stark erhitzt werden darf, ist ein weit verbreitetes Vorurteil. Ganz im Gegenteil ist Olivenöl – nach Kokosöl – das Öl mit der besten Hitzebeständigkeit und eignet sich hervorragend zum Braten und Frittieren. Mehr als 170° sollten aber nicht erreicht werden, da sonst die enthaltenen Antioxidantien zerstört werden.
Italienisches Olivenöl ist das beste.
Nun, es gibt sicher ganz ausgezeichnete italienische Öle, so wie es auch erstklassige griechische, portugiesische oder chilenische gibt. Im Gegensatz zu Frankreich oder Griechenland beispielsweise, existieren aber keine geschützten Herkunftsbezeichnungen. Und da Olivenöl (weltweit zusammen mit Milch und Honig) zu den meist gefälschten Lebensmitteln gehört, verwundert es nicht, wenn bei Proben öfters mal “italienische” Öle gefunden werden, deren Herkunft nicht nachweisbar ist. Beliebt ist angeblich der Import hochwertigen griechischen Öls, um es dann mit minderwertigem italienischen zu “strecken” und – vor allem deutschen Verbrauchern –  als “echt italienisch …….” zu verkaufen. Überteuert, eh klar.

Und noch ein paar verblüffende Zahlen:
Französische Olivenbauern produzieren im Jahr rund 5.000 Tonnen Olivenöl, das ist ungefähr ein Fünfundzwanzigstel der portugiesischen Menge. Aber Frankreich wir nicht nur von Portugal überholt, sondern auch von Italien (ca. 280.000 t) und vielen anderen (Algerien ca. 100.000 t), (Griechenland ca. 330.000 t) …. Unangefochtener Spitzenreiter ist seit Jahren Spanien, aktuelle Zahlen nennen eine Produktion von 1.800.000 t.
Da weiß man doch gleich die Menge reifer Oliven, die man mühsam vom Baum pflückt, anders einzuschätzen. Wir hatten ein sehr gutes Olivenjahr und konnten im November knapp 60 kg Oliven ernten, etwa 10 kg pro Baum. Handgelesen, um eine einwandfreie Qualität zu erhalten, nicht mit Stöcken runter geschlagen! Die 20 Minuten entfernte Kooperative “Oulibo” nimmt gute Ware gerne an und verarbeitet sie innerhalb weniger Wochen zu ausgezeichnetem “Huile d’olive vierge extra”. Die Verarbeitung, das Abfüllen in wohlgeformte 0,75 l Flaschen und die gesetzlich vorgeschriebene Etikettierung lässt man sich zwar gut bezahlen, aber wenn man unterm Strich für 60 kg Oliven Öl im Wert von 200 Euro bekommt und dafür 45 Euro “anteilige Verarbeitungskosten” bezahlen muss, kann man nicht meckern.

Dezember – Ausflug nach Collioure

Bei strahlendem Sonnenschein starteten wir an einem Donnerstag Ende November in Richtung spanische Grenze. Für die Hinfahrt hatten wir das Navi auf *Autobahnen vermeiden* eingestellt und so führte uns die Route auf kleinen und sehr kleinen Straßen nach Süden. Statt einer Stunde und 20 Minuten auf der Autobahn waren wir fast drei Stunden unterwegs. Aber es lohnte sich. Zumindest die ersten drei Viertel der Strecke, die über Bages, Port-la-Nouvelle und Leucate immer direkt am Meer entlang führte.

Sobald man jedoch Saint Cyprien hinter sich gelassen hat, folgen zugebaute Küstenabschnitte von teilweise grotesker Hässlichkeit. Vor allem rund um Argèles Plage scheinen im Sommer die Urlauber Gefallen an riesigen Campingplätzen, bunten Plastik-Rutschbahnen namens ›Aqualand‹ etc. und 1-2-3-Pizza-zum-Mitnehmen-Schleuderservice-Buden zu finden. Nur gut, dass der Wahnsinn einige Kilometer später ein Ende hat. Collioure könnte man als intakt gebliebenes ›Fischerdorf‹ (ca. 2.500 Einwohner) bezeichnen, wenige km vor der spanischen Grenze am Côte Vermeille genannten Küstenabschnitt gelegen. Seine beiden, durch eine Burg getrennten Buchten und die weit ins Meer vorgeschobene Wehrkirche sind der touristische Anziehungspunkt schlechthin und lassen die Fotoapparate heiß laufen. 

Bei einem Spaziergang durch den Ort stößt man auf all die farbigen Spektakel, die Maler wie Matisse, Derain, Picasso, Braque und viele andere angezogen haben: Rostrote Felsen, tiefblaues Meer, quietschbunte Details.

Die vielen leuchtenden Farben dienten den Künstlern als Grundlage für eine Malerei, die ohne Kontur strahlende Farben nebeneinander setzte und dadurch eine reine Harmonie entstehen ließ, die Matisse als ›geistigen Raum‹ bezeichnet hatte. Die Bedeutung des Lichts nimmt ab, ein aus dem Gefühl des Künstlers entstandener Farbraum tritt in den Vordergrund.

Collioure 1905 – Öl auf Leinwand – André Derain

Unser Spaziergang führte uns schließlich an die Strandpromenade, ›Boulevard du Boramar‹ genannt, wo es die dicht gedrängten Lokale allem Anschein nach nötig haben, mit ›Schleppern‹ Gäste anzuwerben »messieurs dames, voilà«, »entrez, entrez!« rufen einem die mit Speisekarten wedelnden Kellner zu und machen einladende Bewegungen. Ein guter Grund, die Schritte zu beschleunigen und in die nächste ruhige, winzige Gasse abzubiegen. Wenn man dann so viel Glück hat, wie wir, landet man am ›Place du 18 juin‹ vor einem kleinen, katalanischen Lokal namens ›La Marinade‹, erwischt einen Platz in der Mittagssonne und stößt auf der Karte auf gegrillte Sardinen … Freundlicher Service, moderate Preise, exzellentes Essen, von bunten Häusern umgeben, von einem riesigen Baum beschützt – was will man mehr?