Monate der Konzerte

Juli und August sind in Frankreich Monate, in denen allerorts Konzerte stattfinden. Ob im kleinen Rahmen (klassische Musik im Kloster Fontfroide), in uralten Amphitheatern (Konzerte in Vaison La Romaine) oder auf der ganz großen Bühne (Groupama Stadion in Lyon) usw.

Wir hatten uns vorgenommen, jedes Jahr mindestens ein Konzert zu besuchen, vorzugsweise im nahegelegenen Theater von Carcassonne. Den Anfang machte letztes Jahr Patrick Bruël, dessen großartigen Auftritt wir zusammen mit Peter und Caro, Freunden aus Krailling genießen durften.

Heuer starteten wir am 5. Juli mit Francis Cabrel, einem aus Agen stammenden, südfranzösischen Chansonnier. Seine Melodien wurden von berühmten Musikern wie Bob Dylan, Jimi Hendrix aber auch Neil Young beeinflusst, seine Texte üben oft soziale Kritik, wie das teils auf spanisch gesungene La Corrida, ein Pamphlet gegen den Stierkampf. Punkt 21 Uhr verschwand im Theater von Vaison La Romaine die Sonne (endlich) hinter einer Hügelkette – Bühne frei für Francis Cabrel!

 

Wir hatten auf gut Glück eine Unterkunft im winzigen mittelalterlichen Kern des Ortes gebucht, die sich als absoluter Glücksgriff herausstellte. Große Zimmer, bequeme Betten, Frühstück im Garten mit Blick über die Landschaft, eigener Pool. Solltest du eines Tages nach Vaison La Romaine kommen und übernachten wollen: Hostellerie Le Beffroi! Ein Ausflug zum hochgelobten, aber leider ungepflegten Garten der Abbaye Saint André in Villeneuve-lès-Avignon lohnt sich dagegen nicht unbedingt.

 

Am 15. Juli standen dann Dutronc & Dutronc in Carcassonne auf dem Programm. Wir lieben Carcassonne und seine kleine Bühne. Mit Glück hatten wir bereits im Januar Karten für einige wenige, nummerierte Plätze erwischt und mussten nicht stundenlang in brütender Hitze anstehen. 

Dutronc & Dutronc, das sind Jacques und Thomas, Vater und Sohn. Jacques, 3 Monate älter als Mick Jagger, rockt immer noch die Bühne. Mit Sohn Thomas, 49, ist er 2022 auf großer Tournee. Sie begann Mitte Juni und wird am 21.12.2022 in Paris enden. Während Thomas solo eher jazzt und swingt, standen in Carcassonne überwiegend rockige Lieder auf dem Programm, genial vorgetragen von Vater Jacques, der mit grauem Pilzkopf, Cowboystiefeln, Sonnenbrille und schwarzer Lederjacke das Publikum begeisterte. Als er nach drei Zugaben keine Lust mehr hatte, kam er in Hausschuhen zur letzte Zugabe auf die Bühne. Klasse!

Sehr beeindruckend finden wir, dass in Carcassonne nach einem Konzert die jungen Damen (die zu Beginn den Leuten die Plätze zeigen und den Ansturm bremsen) Spalier stehen und die Besucher mit Au Revoir, Merci, Bonne Nuit etc. verabschieden. Nicht ohne darauf hinzuweisen, dass man sich gerne ein kostenloses Glas Wein oder ein Eis abholen könne. Chapeau!

Und dann …
19. Juli – Groupama Stadion Lyon – The Rolling Stones

Seitdem ich 1973 die Stones das erste Mal in der Münchner Olympiahalle erlebt habe, bin ich der Überzeugung, dass es weder eine bessere Band noch einen cooleren Typen gibt wie Mick Jagger. Keine Guns ‘n Roses im Olympiastadion, nicht Jethro Tull, weder BAP noch Pink Floyd, nicht einmal Deep Purple konnten mich vom Gegenteil überzeugen – wobei Mister Blackmore mit seinen Kumpels immerhin Platz zwei einnimmt.

So packten wir also am Tag vor dem Ereignis ein paar Sachen in die Reisetaschen und fuhren gemütlich über Clermont-Ferrand nach Lyon. Der gewaltige Umweg wurde durch kühle Luft auf teilweise über 1.000 Metern Höhe und leere Autobahnen belohnt. Ein Taxi brachte uns zwei Stunden bevor das Spektakel beginnen sollte in die Nähe des Stadions, wo sich die Fans – viele gute 60 Jahre alt und mit Stones-T-Shirts bekleidet – in dicken Trauben Richtung Stadion schoben. Im Freien war nach kurzer Zeit das Bier alle, aber an den Ständen im Inneren flossen Heineken etc. in Strömen.

Der Rest in nicht leicht in Worte zu fassen: Glück, Gänsehaut, ungläubiges Staunen, mitsingen, mitklatschen, pfeifen, Jubel, Bier, Chips, Wahnsinn. Dass mit Angie, Out of time und Paint it black gleich drei meiner liebsten Lieder gespielt wurden, war großartig. Und beim Intro mit Bildern von Charlie kullerte manche Träne.